Steuerfahndung 4.0 – Digitale Ermittlungen ganz ohne konkreten Anlass

BRANDI
29.12.2017261 Mal gelesen
Immer häufiger bekommen Steuerpflichtige Besuch von der Steuerfahndung, ohne dass zuvor ein Betriebsprüfer Probleme aufgedeckt hat. In immer mehr Fällen ergibt sich der Anfangsverdacht aus Sammelauskunftsersuchen, rein automatisierten Abfragen oder einfach internationalen Meldepflichten.

Wesentlich gesteuert wird das häufig über die Kreditinstitute, die gegen ihren Willen zu Hilfsermittlern des Fiskus degradiert werden. Da passt es gut, dass das bisher ohnehin nur rudimentär vorhandene Bankgeheimnis in Deutschland seit dem 25.6.2017 ganz unauffällig weggefallen ist, Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) vom 30.12.2016 (BT- Drucksache 816/16).

Am Anfang war das Sammelauskunftsersuchen

Schon Anfang der 1990er war das Institut der Sammelauskunftsersuchen Thema in der deutschen Rechtsprechung. Damals ging es darum, die Zinseinkünfte korrekt zu besteuern, denn das Bundesverfassungsgericht hatte ein sog. Vollzugsdefizit festgestellt und meinte, nur die steuerehrlichen Bürger würden ihre Kapitalerträge versteuern, der Rest aber bliebe unentdeckt. Um das zu ändern, kam die Finanzverwaltung schon vor mehr als 15 Jahre auf die Idee, die Banken zu verpflichten, ab bestimmten Erträgen ihre Kunden an das Finanzamt zu melden. Der Widerstand war groß und es machte das böse Wort der Rasterfahndung die Runde. Am langen Ende half das alles nichts: Die (illegale) Rasterfahndung unterscheidet sich von  dem (legalen) Sammelauskunftsersuchen nämlich nur dadurch, dass man den Kreis der Betroffenen immer enger zieht und durch kriminalistische Erfahrung begründen kann, dann klappt`s auch mit dem Sammelauskunftsersuchen. Inzwischen hat die Finanzverwaltung Zeitungsverlage, Maklerbüros, Kliniken und natürlich die immer größer und zahlreicher werdenden Internetplattformen im Visier. Auch das älteste Gewerbe der Welt ist betroffen: Erst 2016 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Verlag ein Sammelauskunftsersuchen beantworten muss, bei dem es um die Herausgabe der Daten von  Kontaktanzeigen ging, die freiberuflich arbeitende Damen regelmäßig aufgaben. Denn auch hier hatte der Bundesfinanzhof ein Vollzugsdefizit entdeckt.

Es trifft wieder die Kreditinstitute

Bisher gibt es noch den § 30 a Abgabenordnung (AO), nach dem die Finanzverwaltung auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde Rücksicht nehmen soll. Tatsächlich war der 30 a AO aber schon in der Vergangenheit kein Hindernis für die Finanzverwaltung. Bei differenzierter Begründung zu bestimmten Kapitalanlagen und abgrenzbaren Anlegergruppen erhielt sie die gewünschten Informationen auch schon in der Vergangenheit.

Auch das globale Dorf meldet ab dem 31. Juli 2017 umfassend

Aber nicht nur national rüsten die Finanzverwaltungen auf. Innerhalb der Europäischen Union (EU) wird sowieso schon seit 2005 gemeldet. Nach den neuen Common Reporting Standards (CRS) sind seit 31. Juli 2017 (wieder einmal) die Kreditinstitute verpflichtet, Daten an das Bundeszentralamt für Steuern weiterzugeben, die ihnen von 51 OECD-Partnerstaaten außerhalb der EU geliefert werden. Nach den CRS verpflichten sich diese Länder zu einem neuen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten. Sogar so exotische Länder wie die Cayman Islands, die British Virgin Islands aber auch Andorra und Liechtenstein und sogar Russland ab 2018 nehmen an dem Informationsaustausch teil. Nach Informationen zu einem aktuellen Fall aus Hong-Kong haben sogar die Chinesen bereits begonnen, die Daten zu sammeln, um sie weiterzugeben. Die USA machen nicht mit, weil sie mit ihrem Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) schon eine ebenso wirksame Meldepflicht bilateral mit wichtigen Staaten vereinbart haben.

Nicht alles wird schlechter

Tatsächlich können die umfassenden Meldepflichten aber auch nützlich sein: Schon 2012 teilte einer unserer Mandanten im Rahmen einer Selbstanzeige mit, dass ihm rd. 400.000,- ? abhanden gekommen seien. Sein liechtensteinischer Berater war verstorben, das Geld angeblich nicht mehr auffindbar. Auch der eingeschalte Rechtsanwalt erreichte nichts in Liechtenstein. 2017 erhielt er nun von der deutschen Finanzverwaltung eine freudige Mitteilung: Liechtenstein habe Kapitaleinkünfte gemeldet und man forderte ihn auf, sich dazu zu erklären. Im gut vernetzten globalen Dorf geht eben nichts verloren!