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Umkleidezeit

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 Normen 

ArbZG

 Information 

Das Umkleiden zur Anlegung von Dienstkleidung ist nach der Rechtsprechung des BAG vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn das Umkleiden fremdnützig ist:

  • Der Arbeitgeber schreibt das Tragen einer bestimmten Kleidung vor

  • und

  • das Umkleiden muss im Betrieb erfolgen.

Beispiel:

BAG 26.10.2016 – 5 AZR 168/16 – Hygienekleidung in der Lebensmittelproduktion

BAG 19.09.2012 – 5 AZR 678/11 – Krankenhauspersonal

BAG 06.09.2017 – 5 AZR 382/16 – Krankenhauspersonal

Beginnt und endet die Arbeit mit dem Umkleiden, zählen auch die innerbetrieblichen Wege zur Arbeitszeit, die dadurch veranlasst sind, dass der Arbeitgeber das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet, die der Arbeitnehmer zwingend benutzen muss (BAG 19.09.2012 – 5 AZR 678/11).

Das Ankleiden mit einer vorgeschriebenen Dienstkleidung ist nur dann nicht lediglich fremdnützig und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und – ohne besonders auffällig zu sein – auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann (BAG 10.11.2009 – 1 ABR 54/08 – Rn. 15). An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es auch, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen. Dann dient das Umkleiden außerhalb des Betriebs nicht nur einem fremden Bedürfnis, weil der Arbeitnehmer keine eigenen Kleidungsstücke auf dem Arbeitsweg einsetzen muss oder sich aus anderen, selbstbestimmten Gründen gegen das An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb entscheidet (BAG 17.11.2015 – 1 ABR 76/13).

Zudem hat das BAG geurteilt, dass »eine auffällige Dienstkleidung auch dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund ihrer Ausgestaltung in der Öffentlichkeit einem bestimmten Berufszweig oder einer bestimmten Branche zugeordnet werden kann« (BAG 06.09.2017 – 5 AZR 382/16).

Sofern die Fremdnützigkeit bejaht wird, ist es unerheblich, wo der Arbeitnehmer die Dienstkleidung anzieht:

»Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber vorschreibt, dass die Dienstkleidung im Betrieb angelegt und abgelegt werden muss. Es genügt für die Annahme fremdnütziger und damit grundsätzlich vergütungspflichtiger Tätigkeit, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber eingerichteten Umkleidemöglichkeiten nutzt und sich anschließend an seinen Arbeitsplatz begibt. Gleiches gilt entsprechend nach Erledigung der Arbeit« (LAG Nürnberg 06.06.2023 – 7 Sa 275/22).

Ausnahme:

Das BAG hat ausnahmsweise das An- und Ablegen von Dienstkleidung und persönlicher Schutzausrüstung eines Wachpolizisten in seiner Privatwohnung als vergütungspflichtige Arbeitszeit anerkannt, wenn dem Wachpolizisten an seinem Einsatzort kein Spind zur Verfügung steht (BAG 13.10.2021 – 5AZR 295/20).

Ermittlung der benötigten Arbeitszeit:

Zur Ermittlung der erforderlichen Umkleide- und Wegezeiten ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen (BAG 06.09.2017 – 5 AZR 382/16).

Körperreinigungszeiten:

Ob Körperreinigungszeiten auch als Arbeitszeit in diesem Sinne anzusehen sind, ist höchstrichterlich bisher noch nicht geklärt. Im Sinne der Rechtsprechung des BAG zu den Umkleidezeiten kommt es darauf an, ob die Zeit zum – gegebenenfalls auch nur teilweisen – Reinigen des Körpers überwiegend oder ausschließlich fremdnützig ist und nicht nur dazu dient, dass der Arbeitnehmer sauber nach Hause kommt.

Die Fremdnützigkeit ist zu verneinen, wenn es um Körperreinigungszeit geht, die üblicherweise im Privatleben dazu dient, die übliche Entwicklung von Verunreinigung, Schweiß und Körpergeruch im Laufe eines Tages zu beseitigen. Sie ist dagegen zu bejahen, wenn es um Körperreinigungszeit geht, die aufgewendet werden muss, weil die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt. Es kommt hier nicht darauf an, wie die Berufung meint, dass die Verschmutzung des Körpers es unzumutbar macht, den Betrieb ohne Duschen zu verlassen.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer sich aus Gründen des Gesundheitsschutzes waschen muss, um drohenden Kontaminationen durch die Verunreinigungen vorzubeugen. Aus dieser Sachlage heraus sind die erforderlichen Körperreinigungszeiten jedenfalls geschützte Arbeitszeit i.S.d § 2 ArbZG. Zwingende Folgerungen für die Frage, ob es sich auch um vergütete Arbeitszeit i.S.d § 611a Abs. 2 BGB i.V.m dem Arbeitsvertrag oder dem Tarifvertrag handelt oder nicht, ergeben sich daraus nicht (BAG 17.10.2018 – 5 AZR 553/17).

Aus Sicht des Gerichtes ist die Fremdnützigkeit der Körperreinigung zu bejahen, wenn die Körperreinigungszeit aufgewendet werden muss, weil entsprechende Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz dies fordern. Aus der Feststellung der geschützten Zeit folgt in diesem Fall auch die Feststellung der vergütungspflichtigen Zeit, wobei hier nach BAG andere Vergütungsvereinbarungen getroffen werden können als für die produktive Arbeitszeit am Arbeitsplatz (LAG Nürnberg 06.06.2023 – 7 Sa 275/22).

 Siehe auch 

Bereitschaftsdienst

Lenkzeiten Kraftfahrer

Überstunden

Mayrhofer: Umkleide-, Wege- und Waschzeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit; Zeitschrift für Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes – ZTR 2017, 72

Schliemann: Arbeitszeitgesetz mit Nebengesetzen; 4. Auflage 2024