Im Schatten von Corona – EuGH kippt Widerrufsbelehrung

Banken müssen über die konkrete Höhe von Vermittlungsprovisionen (Kick Back) Anleger vor Zeichnung der Anlage informieren und dürfen nicht auf einen der Höhe nach unbestimmten Hinweis im Verkaufsprospekt verweisen, OLG München, 19 U 3319/09
03.04.202041 Mal gelesen
Widerrufsbelehrung falsch!

Auch Nachrichten mit außergewöhnlichem medialen Potenzial gehen dieser Tage beinahe unter.  Im Schatten von Corona kämpft jede Berichterstattung, abseits des Virus, um Beachtung.

Neben den schlechten Nachrichten, hier eine wirklich gute!

Der Europäische Gerichtshof hat eine in der Zeit von Juni 2010 bis 2013 häufig verwendete Widerrufsbelehrung nach dem gesetzlichen Muster als fehlerhaft verworfen.

Die Widerrufsbelehrung:

"Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. ."

entspricht nicht den Vorgaben des europäischen Rechts.

Danach sind zum einen die nach diesen Bestimmungen in einem Kreditvertrag vorgesehenen Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist in klarer, prägnanter Form anzugeben.

Zum anderen stellte der Europäische Gerichtshof klar, dass diese Pflicht nicht durch Angabe und Verweis auf eine nationale Vorschrift erfüllt wird, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist (Kaskadenverweis).

Für Baufinanzierungen im Zeitraum Juni 2010 bis 2013 bedeutet dies, dass nahezu alle Kreditinstitute wie Sparkassen, Volksbanken, Sparda-Banken, ING Diba, Commerz und Deutsche Bank(nur exemplarisch, Aufzählung nicht abschließend) falsch über das Recht zum Widerruf belehrt haben. Kann die Bank sich nicht auf den Musterschutz berufen, ist der Weg zum Widerruf frei.

Bei Leasingverträge über KFZ kommt hinzu, dass nahezu alle Kreditinstitute ihre eigenen Formulierungen gewählt haben, die oft fehlerhaft sind.

Bei Krediten zur KFZ Finanzierung gilt das oben zu Baufinanzierungen gesagte, Verträge, die ab Juni 2010 abgeschlossen worden sind, sind potentiell von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes betroffen und können in vielen Fällen widerrufen werden. 

Der Widerruf von Kraftfahrzeug Krediten gestaltet sich regelmäßig für den Kunden sehr vorteilhaft. Er bekommt die Ratenzahlungen nebst einer Nutzungsentschädigung erstattet. Ob für die Überlassung des Fahrzeuges ein Gebrauchsvorteil zu ersetzen ist ist eine Frage des Einzelfalles.

Die Frist für den Schadensersatz ist hierauf nicht anwendbar. Auch spielt es keine Rolle, ob der Darlehensnehmer sich von einem Diesel oder einen Benziner trennen möchte. Auch wenn das Fahrzeug bereits zurückgegeben wurde oder weiterveräußert wurde, ist im Nachhinein ein Widerruf oft wirtschaftlich sinnvoll.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Volltext können Sie unter :

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=224723&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

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